(Diese Kolumne erschien im Original geschrieben von Gambler auf CNC-INSIDE kurz nach Erscheinen von Tiberian Twilight)
Was ist C&C?
C&C. Was ist das eigentlich? Was genau macht diesen Namen aus? Blickt man in einschlägige Foren und Comments-Bereiche stößt man eigentlich auf immer die gleichen Schlagworte. Nod, Kane und das Tiberium gehören rein. Seitenleiste, MBF-System und ein eher hohes Spieltempo gehören rein. Tankrushes, Superwaffen und im allgemein als cool empfundene Technologien gehören rein. Videos, stimmige Musik – vorzugsweise von Frank Klepacki – und eine dichte Atmosphäre gehören rein. Es ist klar, dass kein einzelner dieser Faktoren für einen Fan ein C&C ausmacht und auch nicht unbedingt alle zusammen. Die richtige Mischung macht es letztlich aus. Alles muss irgendwie aufeinander abgestimmt sein und funktionieren. Das gewisse Etwas ist nichts, was man rational wirklich erklären kann. Kalle Bowo zeigte aber kürzlich in einem Video für eine Studienarbeit, dass das enorme Maß an Faszination, was diese Serie auf uns alle mehr oder weniger ausübt letztlich auf doch eher primitive menschliche Bedürfnisse und Dinge, die die reale Welt eben nicht bietet, fußt. Sei es das permanente Erfolgserlebnis bei einer Kampagne, das Abgleiten in eine Welt, die im Grunde genommen schrecklich ist, oder aber die infantile Freude daran, einen schönen großen Stützpunkt und eine beträchtliche Anzahl von Panzern gebaut zu haben. Es ist nicht so, dass andere Spiele so etwas nicht auch böten, nur passt vielen von uns das Szenario vielleicht nicht so sehr. Möglicherweise sind sie auch wirklich nicht so stimmig, wie C&C. Oder aber es ist doch ganz einfach: Wir waren schon zu alt und kannten schon (zu viele) andere Spiele, als wir sie zum ersten Mal gespielt haben.
Was genau C&C ist, ist gar nicht so leicht zu beantworten, wie man zunächst vielleicht glauben mag. Allein der Name ist ja so nichtssagend, wie er eigentlich nur sein kann. Befehlen und Erobern kann man nun wahrlich in genug Spielen. Nun gibt es aber eben gewisse Dogmen, Dinge in unseren Augen sein müssen. Das steht nirgendwo geschrieben, die bisherigen Spiele dienen da eben einfach als Präzedenzfälle. Die trugen den Namen C&C, folglich müssen sie C&C sein. Gerade das erste C&C wird gerne angeführt. Schließlich hat das diesen Namen begründet und zwei kurze englische Wörter für uns mit Leben gefüllt.
Als nun vor schon wieder mehr als drei Jahren Tiberium Wars angekündigt wurde, wollten die Entwickler um Mike Verdu einfach nur alles richtig machen. Viel Missmut war in der Community zu spüren. Generäle war ein tolles Spiel gewesen, nur hatte dieses Spiel einfach nicht mehr viel mit den alten Teilen gemein. Das lieb gewonnene MBF-Bausystem fehlte, das Szenario war völlig anders, es gab keine Videosequenzen, eigentlich nicht mal eine Handlung und die Musik war weder so düster, noch so rockig, wie man das eben kannte. Mit seinen markigen Einheiten-Funksprüchen kam vielleicht so manche Erinnerung an Yuris Rache hoch, so etwas macht aber noch kein C&C. Kurzum: Dieses Spiel war in den Augen der meisten einfach nur Mist. Als ein versimpeltes Starcraft oder Age of Empires vermochte es viele alte C&C-Fans nicht so recht zu überzeugen. Da half es auch nichts, dass es in der Presse hoch gelobt wurde, technisch für seine Zeit äußerst beeindruckend war und selbst mehr als sechs Jahre nach seinem Erscheinen immer noch eine aktive Modding und eSport-Community hat. Mehr noch als Alarmstufe Rot 3, was nicht einmal ein Jahr alt ist. Dieses Spiel hätte in den Augen vieler den Namen C&C nicht verdient.
Danach wurde es noch schlimmer. EA hatte eine teure Herr der Ringe-Lizenz erworben und war gewillt sie zu nutzen. Zwei „Schlacht um Mittelerde“ und ein Add-On erschienen. Man hoffte auf das Wohlwollen der Community und informierte die hohen Funktionäre fleißig über diese Spiele. Viele waren skeptisch und dennoch wurde das Spiel auch bei den C&C-Fans gut verkauft. Die Resonanz war sowohl unter den Fans, als auch in der Presse sehr durchwachsen. Mit C&C hatte dieses Spiel nichts zu tun und wurde auch nicht als ein solches betrachtet. Dennoch stieß die Experimentierfreude der Entwickler nicht immer auf Gegenliebe, sodass diese sich auch ein wenig wie ein Fähnchen im Wind bewegten. Der auf engen Raum und feste Plätze beschränkte Basenbau in Teil 1 wich in Teil 2 dem exakten Gegenteil: Um wirtschaftlich mithalten zu können, musste man plötzlich riesige Freiflächen erschlossen haben. Der opulenten Atmosphäre mit Original-Filmmusik, Original-Schauplätzen und im Vergleich zu C&C sehr epischen Schlachten standen ein eher schwaches, statisches Missiondesign mit stark gescriptetem KI-Verhalten und einem zum Teil künstlich in die Höhe getriebenen Schwierigkeitsgrad entgegen. Es gab viele, denen das Spiel gefiel, so ganz glücklich war aber keiner darüber.
Dass die Fans von daher nicht viel von EA halten, die kurz vor dem Release von Generäle die Westwood Studios in EA Pacific umbenannten und dann im Zuge von die Stunde Null in EA Los Angeles eingliederten und somit schlossen, brauche ich niemandem zu sagen und auch die Community-Betreuer des Unternehmens müssen nur einen Blick in die Foren werfen, um zu wissen, wo sie bei den meisten Fans stehen. Das war wie gesagt vor drei Jahren nicht wirklich anders. „Schwamm drüber“, dachte sich da wohl Mike Verdu, „jetzt machen wir mal genau das, was die wollen. Die wissen ja anscheinend wirklich besser als wir, was C&C ist. Also machen wir das, was die wollen und schon sind sie glücklich. Vielleicht war es doch falsch, immer auf die Presse und allgemeine Entwicklungen zu achten. Vielleicht ist Back to the Roots dann doch das einzige Wahre.“ Und so sollte C&C 3 einfach all das bieten, was die Fans seit dem Erscheinen von Yuris Rache Anfang 2002 so sehr vermisst hatten: Videosequenzen mit echten Schauspielern, diesmal sogar in HD, das Tiberiumuniversum mit Nod, Kane und dem Tiberium und ein schnelles und simples Spielprinzip. „Fast, Fluid, Fun“ schrieb man sich auf die Fahne. Alles sollte so werden wie früher. Das MBF-System kehrte zurück, das Spielprinzip war wieder auf Tankrushes ausgelegt und auch viele der geliebten Einheiten aus vergangenen Tagen waren wieder mit von der Partie. Doch immer noch gab es Beanstandungen und man gab in einigen Punkten nach: Auch blaues Tiberium wurde wieder eingebaut und das kaufmännische & hielt wieder Einzug im Spielelogo.
C&C 3 und die Reaktion der Fans
Im März 2007 war das Werk schließlich vollbracht. Acht Jahre nach Tiberian Sun erschien nun der dritte Teil der Tiberiumsaga mit einigen zahlentechnischen Verwirrungen in Deutschland, wo man Alarmstufe Rot 1 seinerzeit als C&C 2 und dementsprechend bereits Tiberian Sun als C&C 3 deklariert hatte. Die Reaktion der Presse war unterschiedlich. Die dichte Atmosphäre wurde einhellig gelobt, die umfangreiche Kampagne fand Anklang und viele bekannten sich, froh zu sein, dass C&C wieder da war. Wohl um nicht Fans unter der Leserschaft zu vergraulen, outete man sich gerne als seit Jahren treuer Anhänger der Serie, auch wenn oft peinliche Fehler und Halbwissen in den Artikeln das Gegenteil aussagten. Andere aber waren nicht so euphorisch. Von handwerklichen Kritikpunkten wie den eher langweiligen Zwischensequenzen mal abgesehen, wurde durchaus auch das „klassische“ Spielprinzip kritisiert. Nach zwölf Jahren war für so manchen Redakteur dann wohl doch die Luft raus. Modernisierungen, wie mehrere Bauschleifen konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Spiel womöglich doch zu simpel geraten war und man in der GDI-Kampagne nur mit einigen Mammutpanzern einen Sieg nach dem anderen einfuhr.
Da man aber bewusst hierauf gesetzt hatte, störten sich die Entwickler vielleicht nicht einmal so sehr an dieser Kritik. Schließlich wollte man eine ganz andere Gruppe begeistern: Die Fans. Und da man schließlich größtenteils das gemacht hatte, was diese wollten, müssten diese nun doch vollauf zufrieden sein. Waren sie aber nicht. Auch hier fanden die Videosequenzen Joe Kucan und teurem Cast zum Trotz keine gute Resonanz. Viele störten sich daran, dass Tiberian Sun nicht konsequent weiter geführt wurde. Dass man bei beiden Parteien eher wieder auf Technologien aus Tiberiumkonflikt zurückgriff, war wohl nicht einmal das schlimmste. Vielen ging der Tiberiumbefall der Erde nicht weit genug und die Aufmachung wurde im Allgemeinen als zu steril empfunden. Das kann man jetzt natürlich als Gemäkel niemals zufriedener alter Hasen bezeichnen, doch auch Fast, Fluid, Fun stieß auf reichlich Kritik. Im Mehrspieler führten zu simple, immer gleiche Spielweisen zum Sieg und die Kampagne war auch hier vielen zu anspruchslos. Ganz klar: Hier das zu tun, wonach die Fans geschrien haben, war offenbar ein Fehler gewesen. Selbst in deren Augen. Und so baute man in einem Monate währenden Prozess das Spiel um. Die Sammler ernteten nicht mehr so viel Tiberium auf einmal, Infanterie wurde stärker und Panzer schwächer. Ein halbes Jahr später spielte sich das Spiel dann auch merklich anders. Nun waren wiederum viele der Meinung, dass EA das Spiel „kaputt gepatcht“ habe und vorher doch alles viel besser gewesen sei. Kuriositäten, wie eine durch die zahlreichen Balancing-Änderungen jetzt bisweilen absurd schwere Kampagne, taten ihr übriges: Die Fans waren schon wieder unzufrieden.
Man kann sich vorstellen, dass die Entwickler da etwas angefressen waren. Nun hat man schon mehr das gemacht, was die Fans wollten, als das was man selbst wollte und trotzdem wurde allerorten gemeckert. Nicht, dass nicht jeder Entwickler wohl mal lieber ein ganz anderes Spiel entwickeln würde, als Publisher und Markt verlangen, aber wenn man schon einmal macht, was die Fans wollen, dann können die doch bitte wenigstens auch zufrieden sein. Diese aber sind wankelmütig und finden immer gerade das Scheiße, was aktuell ist. Der Shooter Tiberium etwa wurde mit einer enormen Skepsis aufgenommen, als er angekündigt wurde. Vielen hätte da doch ein wirkliches Renegade 2 besser gefallen. Als das Spiel dann aber aufgrund qualitativer Mängel eingestellt wurde, gestaltete sich alles ganz anders. Viele waren plötzlich der Meinung, dass sie mit den Innovationen des Titels durchaus hätten leben können. All diese Meinungen basierten wohlgemerkt auf wenigen Screenshots und Videos, die es so zu sehen gab. Screenshots und Videos, die für die Öffentlichkeit angefertigt worden sind. Welche, die einen winzig kleinen Bruchteil des Spiels zeigten, den man gerade für die Presse fertig gestellt hatte. Wie das eigentliche Spiel aussah, weiß eigentlich niemand. Ich wage es aber zu bezweifeln, dass man es grundlos eingestellt und damit verbundene Gewinnausfälle auf sich genommen hat. Halten wir fest: Es war wenig, was man sehen konnte und dennoch entstanden unter den jeweiligen Gesichtspunkten zwei völlig gegensätzliche Meinungen: Als das Spiel kommen sollte, wollte es keiner. Als es dann eingestellt wurde, sehnten es viele herbei. In einer solchen Situation fragt man sich plötzlich, wie indiskutabel manch andere Dinge plötzlich gewesen wären, etwa der Grafikstil von Alarmstufe Rot 3 oder die Bulldozer in Generäle, hätte man sich entschlossen diese Spiele nicht fertig zu entwickeln. Möglicherweise wären auch die plötzlich gar nicht mehr weiter schlimm gewesen.
Ja, man hat den Eindruck, dass die meisten Fans selbst gar nicht wissen, was genau sie eigentlich wollen. Und wenn ich mir als jemand, der diese Spiele selbst nur spielt, schon irgendwie veräppelt vorkomme, wenn ich all diese widersprüchlichen Aussagen in den Kommentaren so lese, was denkt dann eigentlich ein Entwickler dieses Spiels? Jemand, der jeden Tag für Stunden daran arbeitet. Jemand, der im Idealfall noch nicht innerlich gekündigt hat und in dem Sinne einfach nur gute Arbeit leisten und dafür ein wenig Anerkennung bekommen will. Ein solcher Mensch wird sich zu Recht fragen „Was soll das eigentlich? Was hören wir überhaupt auf all diese Idioten?“ Denn wie schon gesagt: Die Entwickler haben sich bei C&C 3 redlich bemüht, ein Spiel abzuliefern, was die Fans nach eigenen Angaben wollten. Es gefiel nicht, man änderte es und es gefiel wieder nicht. Man konnte nicht begründen, warum es nicht gefiel, obwohl es spielerisch alles bot, was die Vorgänger auch boten. Ja, dann sind wohl eben die Entwickler einfach unfähig. Wenn ich mal so direkt fragen darf: Würde es euch nicht in der Seele weh tun, wenn ihr euch bemüht und solche Resonanz erhaltet? So wie es mir weh tut, wenn jemand sich kleine Wissenslücken in seitenlangen C&C-Artikeln entdeckt und mir deswegen gleich völlige Unwissenheit bezüglich der Materie unterstellt. So wie es den Moddern weh tut, wenn hier kein gutes Haar an ihren Models gelassen wird, obwohl womöglich ein klein wenig Feinschliff genügen würde oder aber nur mal wieder jemand die Idee hinter der Mod nicht verstanden hat. Ja, es tut ihnen sicher weh und sie sagen sich dann wohl früher oder später: „Ist mir doch egal, was die Deppen sagen“ und schotten sich gnadenlos gegen jede Form der Kritik ab, sodass auch konstruktive Meinungen und wirkliche Mängel kurzerhand weggeblendet werden.
Es ist nun einmal leider wirklich so, dass die Videos in C&C 3 alles andere als berauschend waren, die Musik langweilte und in meinen Augen auch das von hoch bezahlten Designern entworfene, an allen Ecken und Enden durchgestylte und animierte Menü einfach nicht zum rustikalen Charme der C&C-Serie passte. Letztlich ist es Geschmackssache, aber natürlich könnte man sich hier die alten Teile ansehen und mal überlegen, wie man das hier eigentlich gelöst hat. Vielleicht ist es wirklich so, dass bei den alten Teilen noch mehr Liebe im Spiel war, die Entwickler eben wirklich das gemacht haben, was sie wollten und genau das im Spiel zu spüren war.
Um noch einmal auf meine einleitende Frage zurückzukommen: Was C&C ist, ist eine Frage, die einem auch von den alten Teilen nicht sonderlich einheitlich beantwortet wird. Vieles, was für typisch gehalten wird, kam erst in späteren Teilen in der Form auf. Nehmen wir einfach mal den klassischen Tankrush. Jeder weiß es: Man muss doch eigentlich nur 10-20 Panzer bauen und damit kann man dann den Gegner überrumpeln. So war es doch schon immer. Falsch, muss ich an dieser Stelle leider sagen. Versucht das mal in Tiberiumkonflikt. Hier reichen meist die Ressourcen schon kaum aus, um einen solchen Angriff neben der Verteidigung zu finanzieren. Außerdem war Infanterie hier gegen Panzer wirklich noch überaus mächtig und wenn man es nicht geschafft hat, sie rechtzeitig zu überfahren, konnte sie einem neben der Basisverteidigung sehr gefährlich werden. Basen waren in diesem Spiel oft gar nicht so leicht zu knacken. Man hatte oft mit besagter Infanterie und Verteidigung zu kämpfen und durfte sich oft darüber ärgern, dass der Gegner ständig mit neuen Einheiten und Gebäuden nachrückte. Der Schlüssel zum Sieg war in den Missionen oft, gezielt Schwächen ausfindig zu machen. Etwa Kraftwerke, die direkt an einem Berghang standen und von einigen Panzern problemlos von einem sicheren Ort aus zerstört werden konnten. Auch konnte man etwa gezielt auf den gegnerischen Sammler los gehen und den Feind einfach aushungern lassen. Ein simpler Massenangriff führte selten zum Sieg. Wie schon gesagt, das Tiberium reichte dafür meist nicht aus und Tiberiumbäume gab es auch erst in späteren Missionen. Besonders nachhaltig war es also nicht und waren die Rohstoffe verbraucht, musste man schnell mit dem auskommen, was man hatte. Wesentlich besser funktionierte der Tankrush da schon in Tiberian Sun, wo Infanterie schon wesentlich schwächer und Rohstoffquellen üppiger waren. Ihren Höhepunkt feierte diese Spielweise in Alarmstufe Rot 2, als einige Prisma-Panzer mit ihrer Reichweite und der mangelnden Fähigkeit der KI, gezielt Kontereinheiten zu bauen, wirklich jedes Problem lösten. Genau in diesem Maße Einzug hielt der Tankrush dann in Tiberium Wars.
Der nächste Punkt ist das schnelle Spielprinzip. C&C ist schnell, das weiß jeder. Ja, das galt auch für die alten Teile. Und zwar dann, wenn man die Spielgeschwindigkeit hochgestellt hatte, was man in den Optionen konnte. Die Standardeinstellung ist langsam. Sehr langsam. So langsam, dass ich bei dem Spiel als erstes immer auf die zweit höchste Stufe umstelle. Denn nur diese ist für mich angenehm. Ansonsten ist es mir eigentlich viel zu träge.
Weiter geht es mit Nod. Jeder weiß es: Die Bruderschaft ist fanatisch, Kane der Messias und hinter allem steckte schon immer mehr. Wie ich schon in meinem Kane-Artikel kürzlich ansprach: Auch das ist keine Erfindung des Ur-C&Cs. In Tiberiumkonflikt ist Nod eine reine Terrororganisation. Religiöser Eifer ist meines Erachtens an keiner Stelle wirklich zu spüren. Die Bezeichnungen der Einheiten, die Namen der Protagonisten bei Nod und das Geheimnisvolle sind vermutlich eher als ein Spaß der Entwickler zu verstehen. Kane präsentiert sich als eiskalter Pragmatiker, wirklich martialische Reden wie in Tiberian Sun sucht man vergebens. Es gibt nicht mal eine Handlung im eigentlichen Sinne. Was auffällig ist, sind die vielen mediensatirischen Elemente, die ebenfalls in späteren Teilen fehlen, ohne dass ihnen jemals jemand eine Träne nachgeweint hätte. Nod als eine durch und durch fanatische Ersatzreligion darzustellen, ist definitiv eine Sache, die erst in Tiberian Sun erfunden wurde. Aus diesem Teil stammen die meisten Parolen. Vergleicht man Anton Slavik mit Seth, wird einem schnell klar, dass er eine ganz andere Art Untergebener ist. Lustigerweise wird das, was erst im zweiten C&C-Teil kam, der übrigens auch bei seinem Erscheinen auf viel Skepsis stieß, heute als maßgebend angesehen.
Die Konsequenzen
Ich stelle eine weitere provozierende Frage: Glaubt eigentlich ernsthaft jemand, als man bei Westwood damals C&C „erfunden“ hat, hatte man gleich eine umfangreiche Story im Kopf, die sich über Jahrzehnte erstreckt und ein komplett eigenes Universum vergleichbar mit Star Wars oder Herr der Ringe bietet? Das ist, gelinde gesagt, völliger Humbug. Es war doch nicht einmal abzusehen, dass das Spiel über so viele Jahre so erfolgreich sein würde, dass es auch vierzehn Jahre später noch so viele Fans haben würde. Kein Entwickler wird ein so hohes Ziel vor Augen gehabt haben. Man hat das Spiel so gemacht, wie es einem gefiel, ohne sich sonderlich viel dabei zu denken. Man freute sich darüber, dass es Erfolg hatte und entwickelte mit Tiberian Sun einen Nachfolger. Auch hier machte man, was einem gefiel. Das Spiel schlug in eine völlig andere Kerbe, aber keiner schien es damals so richtig wahrzunehmen. Nein, einen großen Plan hat es hinter der Handlung doch nicht von Anfang an gegeben, möglicherweise wäre Tiberian Twillight, wie C&C 3 unter Westwood heißen sollte, wirklich eine logische Fortsetzung von Tiberian Sun gewesen. Tiberian Sun ist aber vom Szenario her kein eigentlicher Nachfolger von Tiberiumkonflikt. Ja, ihr dürft mir in diesem Punkt gerne widersprechen, ich halte dennoch an ihm fest.
Dummerweise wollen nämlich alle Fans glauben, dass schon immer großer Plan hinter dem Spiel gesteckt haben muss und die Entwickler sich bei allem unglaublich viele Gedanken gemacht hätten. Und so glaubten die neuen Designer bei EA LA es ebenfalls, als sie C&C 3 entwickelten. Kane wurde uneingeschränkt zur zentralen Figur des Spiels erhoben. Es wurde überall mit ihm geworben und er ist auf der Verpackung abgebildet. Für alle, denen es noch nicht aufgefallen sein sollte: Das war bei den alten C&C-Teilen nicht so. Kanes Anwesenheit galt offenbar als selbstverständlich. Wer weiß, ob er den Fans überhaupt gefehlt hätte, hätte man ihn in Tiberian Sun einfach durch jemand anderen ersetzt. Es wurde gar die ganze Handlung an ihm ausgerichtet. Hinter allem, was passiert, steckt im Grund ein perfider Plan von ihm, während er in der GDI-Kampagne von Tiberiumkonflikt noch selbst von der GDI gelinkt worden ist.
Ja, die Entwickler von C&C 3 wollten alles richtig machen. Sie hörten auf die Community. Streng genommen sind das einige hundert Leute, die arrogant genug sind, ihre eigene, persönliche Meinung als allgemeine Auffassung von mehreren 100.000 Käufern zu betrachten. So viel Entschlossenheit ist eben auf die Entwickler abgefärbt und so richteten sie sich nach dem Wunsch dieser Minderheit, die nicht zu befriedigen ist und nie zu befriedigen war. Wie schon gesagt, Tiberian Sun hatte damals ebenfalls Kritiker und auch der Humor von Alarmstufe Rot 2 stieß nicht immer auf Gegenliebe. Das scheint man nur über die Jahre vergessen zu haben oder es liegt eben daran, dass die Community heute schlichtweg aus anderen Leuten besteht. Dass unter Westwood der Support besser war, ist gleichermaßen eine Lüge. Als heiß ersehnte Alarmstufe Rot 2-Patches nicht kamen, drohten viele mit dem Boykott von Yuris Rache. Wie heute auch, hielten sich die wenigsten an dieses Versprechen. Das Studio schaffte es aber, sich eine würdige Erinnerung zu schaffen: Renegade erhielt in den ersten Monaten zwei Patches. Kurz bevor Westwood dann unter dem Titel EA Pacific firmieren sollte, gab es plötzlich zahlreiche Updates innerhalb weniger Wochen. Und die Umbenennung hatte auch den Vorteil, dass der Schwarze Peter, Generäle gemacht zu haben, komplett EA untergejubelt werden konnte. Dabei entstand dieses Spiel in den Westwood Studios, als es diese noch gab. Die Umbenennung kam zwei Wochen vor dem Erscheinen.
Wir Fans haben es geschafft, die Entwickler reichlich zu desillusionieren. Und deswegen ziehen sie jetzt die Konsequenzen. Sie machen, was sie zu Zeiten von Tiberiumkonflikt schon gemacht haben: Was sie für richtig halten. Das Spielprinzip wird gnadenlos über den Haufen geworfen, da können die Fans so viel meckern, wie sie wollen. Kritik wird gnadenlos ignoriert und die Linie einfach durchgezogen. Gekauft wird das Spiel sowieso, ob die Community das will oder nicht. Ob das Spielprinzip funktioniert, wird sich dann beim Release zeigen. Ich habe da so eine Theorie: Es wird. Es wird funktionieren. Tiberiumkonflikt betrat Neuland und es funktionierte. Renegade entsprach sicher auch nicht den Vorstellungen aller Fans bei der Ankündigung und es funktionierte. Generäle funktioniert zumindest eSport-technisch auch, so wenig Leute das auch wahr haben wollen. Und so kann ich nur eine Frage stellen: Ist es denn so schwer, den Menschen bei EA einfach mal zu vertrauen. Daran zu glauben, dass sie ein gutes Spiel machen werden? Es wird immer früher alles besser gewesen sein und doch werden die aktuellen Sachen mehr gespielt. Schließlich ist es niemandes Absicht, ein schlechtes Spiel zu machen. Was spricht dagegen, einzusehen, dass sie vielleicht doch nicht so schlimm sind, wie man glaubt.
Ich bin nämlich nicht nur C&C- sondern auch Tomb Raider-Fan und muss sagen: Auch hier war ich über die Neuerungen der letzten Teile zunächst ein wenig schockiert. Nachdem man aber auf die schlimmsten Popkultur-Allüren ab Anniversary wieder verzichtet hat, gefallen sie mir irgendwie wirklich besser, als die alten Spiele, die zwar ihren Charme haben, für heutige Verhältnisse aber wirklich zu langsam und mechanisch sind.
Und mal ehrlich: Wollt ihr in 20 Jahren wirklich immer noch Basen bauen und mit Tankrushes den Gegner vernichten? Wird euch das nicht auch irgendwann mal reichen? Habt ihr dann dafür nicht die alten Spiele und müsst es nicht in den Neuen haben? Computerspiele müssen sich auch spielerisch und inhaltlich weiter entwickeln und nicht nur grafisch. Besonders letzteres wird meiner Meinung nach sowieso irgendwann an seine Grenzen stoßen. Schon heute sieht ein etwa zwei Jahre altes Spiel nicht mehr so stark überholt aus, wie noch vor fünf oder gar zehn Jahren. Vergleicht mal Duke Nukem: 3D von 1996 mit Half-Life von 1998 und seht dagegen FEAR 2 von 2009 und Crysis von 2007. Die Unterschiede werden immer kleiner. Man kann ja schon gar nicht mehr wirklich bessere Prozessoren entwickeln und greift daher zu Mehrkernlösungen. Auch hier wird man irgendwann an seine Grenzen stoßen. Und schon heute sitzen Hundertschaften jahrelang an einem Titel, den man nach fünf Stunden durchgespielt hat. Die Entwicklungskosten sind bereits ungemein hoch und bessere, detailliere Grafik braucht immer mehr Menschen, die sich um ihre Bestandteile kümmern können. Irgendwann wird die Kapazitätsgrenze erreicht sein, weil es zu teuer und zu aufwendig ist, sich noch mehr zu steigern. Und womöglich gilt dann wirklich nur noch das Spielprinzip. Und wenn C&C dann immer noch alle drei Jahre das gleiche Spiel in neuem optischen Gewand bietet, wird es sich ganz schnell tot gelaufen haben.
Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Spielt doch C&C 4 erst einmal, wenn eine Demo erscheint. Dann könnt ihr es immer noch Scheiße finden. Aber sich ein Urteil über ein Spiel zu bilden, was gerade erst entwickelt wird, ist doch etwas unfair. Ich meine, klingt das „klassische“ C&C, wenn man es beschrieben bekommt, eigentlich so wahnsinnig spannend?