Ich werde jetzt mal aufdröseln warum hier kein strafbarer Betrug vorliegt und weshalb eine Anzeige bei der Polizei bzw. die Drohung damit überhaupt nichts bringt:
Zuerst müsste geprüft werden ob eine Straftat (Betrug) überhaupt vorliegt
und in welchem Rechtsgebiet (Straf- oder Zivilrecht) man sich bewegt.
Um wegen eines Betruges nach
§ 263 StGB belangt zu werden, muss man zuerst mal die dort aufgeführten
Tatbestandsmerkmale erfüllen.
Tatbestandsmerkmale sind, wie der Name schon verrät, konkrete Detailbeschreibungen einer Straftat.
Es gibt objektive Merkmale und subjektive Merkmale, die beide erfüllt sein müssen, damit eine Straftat überhaupt vorliegt.
Objektive Merkmale: Alles was offensichtlich erkennbar ist
Subjektive Merkmale: Vorstellungen/Ansichten des Täters zur Tat
Wer mehr dazu wissen will:
Erklärung Tatbestandsmerkmale bei Wiki
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Beispiel anhand eines Diebstahls nach
§ 242 StGB (Definition: Diebstahl ist die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache, in der Absicht sich diese rechtswidrig zuzueignen.):
A hat seine Stromrechnung nicht bezahlt und sein Anschluss wurde vom Anbieter abgeklemmt.
Weil A keinen Bock hat abends im Dunkeln zu sitzen, zapft er die Elektrizitätsversorgung vom Hausflur an und versorgt sich dort mit Strom.
Der Hausflurstrom wird von allen Mietern gemeinsam per Umlage in den Nebenkosten bezahlt.
Die von A verlegte Leitung zu Hausflur, über die er kostenlos Strom abzapft, wird entdeckt und zur Anzeige gebracht.
Liegt ein Diebstahl nach § 242 StGB vor?
Prüfung der subjektiven Tatbestandsmerkmale:
1.
Zueignungsabsicht
A wusste, dass er seine Rechnung nicht bezahlt hatte und das ihm deshalb der Strom abgestellt wurde.
Er hat den Hausflurstrom abgezapft um kostenlos Strom zu bekommen.
Ihm war bekannt, dass die Bezahlung durch die Umlage erfolgt und er kein Recht hatte, sich auf Kosten der anderen Mieter mit Elektrizität zu versorgen.
Tatbestandsmerkmal erfüllt
Prüfung der objektiven Tatbestandsmerkmale:
1.
Wegnahme (ist der Gewahrsambruch durch den Täter und die Begründung eines neuen, eigenen Gewahrsams)
A hat den Strom in der Tat "weggenommen", abgezapft und für sich verbraucht.
Tatbestandsmerkmal erfüllt
2.
Sache
Sache ist jeder körperliche Gegenstand, ungeachtet seines Aggregatzustands.
Strom ist unsichtbar und verfügt über keine körperliche Präsenz
Tatbestandsmerkmal
nicht erfüllt
3.
fremd
Der Strom gehört dem Anbieter und A hat kein Eigentumsrecht daran (ohne zu bezahlen)
Tatbestandsmerkmal erfüllt
4.
beweglich
Strom ist beweglich, er fliesst durch Leitungen, kann transportiert werden.
Tatbestandsmerkmal erfüllt
Ergebnis:
Es liegt kein Diebstahl nach
§ 242 StGB vor, weil das Tatbestandsmerkmal "Sache" nicht erfüllt ist.
A kann also deswegen nicht bestraft werden.
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Analog dazu besteht der Betrug aus solchen Tatbestandsmerkmalen allerdings sind diese erheblich komplexer und eine vollständige Erklärung würde mehrere Seiten in Anspruch nehmen.
Wer sich einlesen mag:
Betrugsmerkmale bei Wiki
Konkret auf den hier vorliegenden Sachverhalt bezogen ergibt sich eine Problematik zum subjektiven Tatbestandsmerkmal des Betrugs, nämlich die
rechtswidrige Bereicherungsabsicht des Autoverkäufers.
Der Verkäufer und unser UF-Kollege haben einen Kaufvertrag (Zivilrecht!) abgeschlossen, in dem ihre Rechtsbeziehung zueinander als auch die Details zur Abwicklung geregelt sind.
Der Verkäufer erfüllt nun nicht die Vertragsbedingungen bezüglich der Lieferzeit bzw. Bereitstellung des Autos, nachdem er eine Anzahlung erhalten hat.
Wobei hier noch zu klären wäre, was im Kleingedruckten darüber ge- bzw. unterschrieben wurde.
Der Verkäufer vertröstet ihn, leugnet aber keinesfalls den Vertrag oder bestreitet eine Anzahlung erhalten zu haben.
Er hält sich nur nicht an ein vertraglich verabredetes Detail eines zivilrechtlichen Kaufvertrags.
Würde er bestreiten mit unserem Kollegen einen Vertrag zu haben oder leugnen eine Anzahlung bekommen zu haben, dann läge ein Betrug nach § 263 StGB vor.
Das macht er aber nicht und somit handelt es sich "nur" um ein rein zivilrechtliches Fehlverhalten was keineswegs eine Straftat ist.
Insofern wird der Autoverkäufer, vorausgesetzt er ist nicht völlig ahnungslos oder dämlich, innerlich herzhaft darüber lachen wenn ihm in diesem Zusammanhang mit einer Strafanzeige wegen Betrug gedroht wird. Er weiss, dass zu 99,99 % kein Verfahren eröffnet werden wird.
Die Polizei würde einem möglichen Anzeigenerstatter in dieser Sache vermutlich dasselbe erzählen und auf den zivilen Rechtsweg (Fristsetzung/Anwalt) hinweisen.
Vorrausgesetzt der Kollege hat in Strafrecht aufgepasst und ist nicht dämlich.
Da die Polizei in Deutschland aber verpflichtet ist auf ausdrücklichen Bürgerwunsch hin eine Strafanzeige aufzunehmen, würde in diesem Fall folgendes ablaufen:
Die Strafanzeige wird entgegengenommen und der Anzeigende bekommt eine Vorgangsnummer ausgehändigt.
Danach wird die Anzeige, ohne auch nur einen Hauch von Ermittlungen anzustellen, an die zuständige Amts- oder Staatsanwaltschaft zur rechtlichen Prüfung übersandt.
Dort wird dann abschließend entschieden, ob eine Straftat vorliegt oder ein zivilrechtlicher Streit.
Erkennt die Anwaltschaft auf eine Straftat kommt die Akte zurück zur Polizei und ein Ermittlungsverfahren wird eingeleitet.
Erkennt die Anwaltschaft auf das Vorliegen eines zivilen Rechtsstreits, erhält der Anzeigenerstatter von ihnen Nachricht darüber (Einstellungsbescheid).
In diesem Fall erinnere ich noch an die Kostenpflicht des Anzeigenerstatters (
§ 469 StPO) und die Möglichkeit, dass der Verkäufer eine Anzeige wegen Verleumdung/übler Nachrede stellen kann.
Wer bis hier hin durchgehalten und verstanden hat:
Ganz wichtig:
Der zuvor getippte Text ist und ersetzt keine Rechtsberatung durch einen Anwalt!!!