Also zur Erklärung:
Ich stimme der Argumentation, dass vegetarische Ernährung moralisch besser ist,
nicht zu. Hab ich ja auch oben geschrieben.
Aber die Argumentation an sich kann man schon rational vertreten. Es wurde nur in der Diskussion hier so dargestellt, als wäre ein moralischer Zugang zum Thema Ernährung per se schon ein total absurder Gedankengang.
Nur weil Wordone aus moralischen Beweggründen kein Fleisch bzw. keine Tiere essen will, ist das nicht gleichbedeutend damit, dass er auf andere als evolutionär niedere Wesen hinabblickt. Genau das meinte ich mit "sich bedroht fühlen".
Das "aus den Zeiten sind wir schon längst raus" ist ja wohl in Bezug zum ganzen Posting zu sehen, d.h. dass man heute nicht mehr auf Fleisch für eine gesunde/ausgewogene Ernährung angewiesen ist. Wenn man nicht will, dann muss man sich nicht von Tieren ernähern. Und er will sich halt nicht von Tieren ernähren. Find ich jetzt keinen Angriff auf das Abendland, tbh. Das ist für mich eine Position, die man argumentativ vertreten kann.
Ich persönlich vertrete sie nicht. Aber ich hab kein Problem damit, dass Wordone das für sich so entschieden hat. Das ist wie schon in meinem ersten Posting erklärt, eine Frage der Prämissen.
Wordones Prämisse ist (jetzt heruntergebrochen... ohne ihm was in den Mund legen zu wollen): Tiere haben genauso ein Recht auf Leben wie Menschen und daher sollte man sie nicht für Ernährung töten,
wenn es verfügbare Alternativen gibt. (der letzte Teil wird ja auch gern unterschlagen).
Meine Prämisse ist: Tiere haben nicht die selben moralischen Ansprüche wie Menschen, da der Mensch durch Vernunft und damit eben die Fähigkeit zu Ethik und Moral eine Stufe höher steht. Ich bin also Speziezist, wenn man so will (oder wie man das nennt).
Nun werden Wordone und ich über die Prämissen wahrscheinlich diskutieren können bis unsere Köpfe rauchen. Ist ja auch würdig und recht. Letztlich bleibt's halt eine Prämissenfrage und ist dahingehend auch nicht wirklich lösbar, weil's keine absolute ethische Wahrheit gibt.
Ich hab in meinem Freundes- und Bekanntenkreis vier oder fünf (weiß nciht mehr genau) Leute, die Vegetarier sind. Dazu noch einen der's lange Zeit war und einen Onkel, der zwar Fisch aber kein Fleisch isst. Auch eine Mehr-oder-weniger-Veganerin kenne ich. Und alle sind's aus anderen Gründen. Keiner von denen hat je versucht, mich oder wen anderen zu bekehren oder zu missionieren. Ich hab aber schon einige Male mitgekriegt, wie "Fleischesser" versucht haben, die zu bekehren oder davon zu überzeugen, dass vegetarische Ernährung eh ok, aber im Grunde Blödsinn ist.
Das Klischee vom missionierenden Vegetarier hab ich nicht wirklich kennengelernt. Sehr wohl aber Nicht-Vegetarier, die sich über missionierende Vegetarier beklagen, dabei aber selbst total missionarisch auftreten. Das ist eben dieses fast schon reflexhafte Sich-bedroht-fühlen.
Und das kommt eben daher, dass Ernährung kulturell extrem wichtig und hochgradig moralisch behaftet ist... nicht erst seit den Vegetariern sondern mehr oder weniger immer schon. Man muss sich nur mal die Unterschiede in den Speisetabus zu Gemüte führen, die es allein innerhalb der westlichen Welt gibt. Hier in Wien kriegt man an vielen Würstelstandln Pferde-Leberkäse oder Lamm-Kebab. Ein US-Amerikaner findet beides in etwa so abartig wie die berüchtigten chinesischen 100-jährigen Eier. Die Chinesen bzw. Asiaten generell finden wiederum die Vorstellung, Käse zu essen absolut ekelhaft.
Diese Speisetabus oder -vorschriften sind rein kulturell geprägt und haben immer auch eine moralische Komponente. Gerade deshalb hört für viele bei Ernährung der Spaß auf, weil wir als Kulturen und Menschen eben sehr stark darüber definieren. Das führt dann natürlich auch zu geradezu pseudoreligiösen Auswüchsen an. Veganer zähle ich zum Teil dazu, weil ich da schon arge Erfahrungen aus zweiter Hand mitgekriegt habe.
@SonGohan: Genau das hat übrigens auch deamon gemeint mit seinem:
Ach quark, du isst das gern weil deine Nachkriegseltern dir das vorgelebt haben und du dir jetzt selbst einbildet dass es toll ist wie es ist.
Was das andere Zitat mit dem Tierschutz angeht, so hab ich das offenbar als das totale Gegenteil von dem verstanden, was du da herausliest. Keine Ahnung, muss wohl deamon klären, wie er das meint. *achselzuck*
Zur Sache mit dem moralischen Aspekt von Ernährung siehe oben. Das hab übrigens nicht ich mir aus den Fingern gesogen, sondern ist das Ergebnis von zahlreiche soziologische udn anthropologischen Studien und Forschungsprojekten.
Zur Frage der Gesundheit hast du oben geschrieben:
Und das eine vegetarische/veganische Ernährung sonderlich gesund sei, ist ein hartnäckiges Gerücht, aber eben nur ein Gerücht.
Du streitest ab, dass eine vegetarische bzw. vegane Ernährung "sonderlich gesund" sei, nicht dass sie "gesünder als ausgewogene Ernährung plus Fleischkonsum" sei. Das ist ein ziemlicher Unterschied.
Und dass die Menschen vor 100 Jahren sich nicht aus moralischen Gründen größtenteils vegetarisch ernährt haben, hab ich nie gesagt. Das war nur als Hinweis dazu gedacht, dass vegetarische Ernährung eben schon ausgewogen und gesund ist.
Zu guter Letzt:
@CnCMoonX: Dass Vegetarier oder Veganer "unterdrückt" werden ist eine sehr starke Aussage, die absolut nicht stimmt. Den Begriff "Unterdrückung" sollte man gerade angesichts tatsächlicher Unterdrückung nicht so leichtfertig benützen. Wenn du die Situation von Veganern hier bei uns mit der von Menschen in China vergleichst, dann dürfte dir schnell auffallen, dass "unterdrückt" eindeutig das falsche Wort ist.