Ich denke der Gruppe von Menschen, die du am ehesten meinst, ist Gleichgültigkeit oder Desinteresse eher nicht gemein. Sondern da handelt es sich um Personen, die politisch absolut auf dem Laufenden sind, die sehr interessiert und gebildet sind (und dementsprechend auch immer mal wieder in diversen Talkshows auftreten) und die einen langen über mehrere Seiten gehenden Aufsatz darüber schreiben können, warum sie sich dazu entschieden haben, nicht wählen zu gehen. Diese Gruppe ist aus meiner Sicht aber nur eine Minderheit. Ich denke, dass die Mehrheit der Nichtwähler ganz andere Motive hat. Ich denke vielen Menschen ist heute einfach das Bewusstsein dafür verloren gegangen, dass Demokratie nicht etwas Selbstverständliches ist, dass es etwas Besonderes ist, das hart erkämpft werden musste und das bewahrt werden muss. Nach dem Krieg war das etwas anderes. Sehr interessant in diesem Zusammenhang wäre auch mal zu wissen, inwieweit der Bildungsstand einen Einfluss darauf hat. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass bei den meisten Nichtwählern ein komplizierterer Entscheidungsprozess abläuft als "ach, heute ist das Wetter doch so schön, da mache ich lieber xyz". Ich würde dir zustimmen, dass im Dschungel der Begriffsfindungen es auch möglich ist, dass Politikverdrossenheit in Desinteresse und Gleichgültigkeit mündet. Aus meiner Sicht dürfte aber bei der Mehrheit nie ein Interesse vorhanden gewesen sein.
In diesem Kontext von "direkter Manipulation" zu sprechen ist absurd.
Es muss den Menschen wieder ins Bewusstsein gerufen werden, dass es etwas Wichtiges und Besonderes ist, von seinem Wahlrecht gebrauch machen zu können und, wenn man einen Schritt weiter denkt, auch die Möglichkeit zu haben, sich selbst politisch zu engagieren. Es sollte daher die Pflicht eines jeden Staatsbrügers sein, zur Wahl zu gehen und sein Votum abzugeben. Wenn dieses lautet, dass keine Partei für einen wählbar ist, sollte halt der Stimmzettel ungültig gemacht werden oder, noch besser, eine entsprechende Wahloption auf jedem Stimmzettel vorhanden sein. Sozusagen eine Enthaltung. Dann bekämen die Politiker nämlich wirklich ihre Quittung und können sich nicht mehr so leicht verstecken. Aber, wie gesagt, ich denke es greift zu kurz, nur der Politik die Schuld zuzuweisen. Ich würde auch nicht soweit gehen, zu sagen, das Volk bekommt, was es verdient, aber ich habe das Zitat von Kennedy auch nicht umsonst angeführt. Aus meiner Sicht wird das Argument mit der "bösen und unfähigen Politik" von vielen Bürgern auch gerne als eine billige Ausrede benutzt, sich mit der Komplexität der heutigen Probleme nicht auseinandersetzen zu müssen. Es ist häufig einfach bequemer, dumm zu bleiben.