- Joined
- Jan 1, 2003
- Messages
- 7,238
- Points
- 375
- Lieblings C&C
Ich finde diese Argumentation nicht sehr überzeugend. Gehen wir dein Beispiel mit den Klos mal kurz durch. Welche Möglichkeiten gibt es für die Unternehmen?
Option 1: Arbeitsplätze ins Ausland verlagern (Diese Option fällt in deinem Beispiel denke ich in den meisten Fällen weg und ist hier nicht relevant, dürfte aber für zahlreiche andere Güter und Dienstleistungen eine Möglichkeit darstellen)
Option 2: Ersetzen von menschlicher Arbeitskraft durch Maschinen (In Bezug auf das Kloputz-Beispiel reicht das Spektrum hier von besseren Putzgeräten, mit denen die Mitarbeiter ausgerüstet werden, so dass sie weniger Zeit für das Putzen eines Klos benötigen bis hin zu Klos, die sich zu 100% selber reinigen. Alle diese Fälle haben gemeinsam, dass weniger menschliche Arbeitskraft benötigt wird.)
Option 3: Die Unternehmen entlassen keine Mitarbeiter und zahlen den höheren Lohn, verlangen aber dafür, dass der Zeiteinsatz pro Klo geringer ausfällt. Dies kann im Ergebnis zu einer geringeren Qualität oder auch zu einer höheren Arbeitsbelastung (Stichwort "Burn-Out") führen. Darüber hinaus wird bei gleicher Anzahl von Klos nun weniger menschliche Arbeitskraft benötigt.
Option 4: Die Unternehmen entlassen keine Mitarbeiter und zahlen den höheren Lohn, erhöhen dafür aber gleichzeitig den Preis, den sie ihren Kunden für das Putzen eines Klos in Rechnung stellen (hier ist es nun sehr wahrscheinlich, dass in vielen Fällen die Nachfrage nach der Dienstleistung "Klo-Putzen" zurückgehen wird. Denkbar wäre z. B., dass die Klos seltener geputzt werden oder dass Toiletten dichtgemacht werden, so dass insgesamt weniger Klos zur Verfügung stehen.)
Option 5: Verstoß gegen das Mindestlohngesetz und Zunahme der Schwarzarbeit (es kursieren ja schon ganz aberwitzige Storys im Netz, welchen bürokratischen Aufwand die Behörden betreiben, um die Einhaltung des Mindestlohns flächendeckend durchzusetzen, beispielsweise: "Mit Mindestlohn und Frauenquote kommt die Lohnpolizei").
In einem optimistischen sechsten Szenario könnte eine Erhöhung des Preises für die Dienstleistung "Klo-Putzen" zu keinem Nachfragerückgang führen (vollkommen unelastische Nachfrage). In diesem Fall würden die Kunden des Putz-Dienstleisters die höheren Preise akzeptieren, bezahlen und in ihrer Kostenstruktur dementsprechend berücksichtigen. Das Ergebnis wäre Inflation (die MA hätten nichts von ihrer Lohnerhöhung).
Wie man es dreht und wendet, es müssen im Einzelfall sehr viele positive Rahmenbedingungen vorherrschen, damit ein Mindestlohn in Bezug auf die Nachfrage nach menschlicher Arbeitskraft keine negativen Wirkungen entfaltet. Soll der höhere Lohn zusätzlich auch noch zu mehr Kaufkraft führen (die Menschen haben real "mehr in der Tasche" und können sich mehr leisten), wird das Ganze noch schwieriger und unrealistischer.
Und auf deine sogenannten Optionen habe ich im Prinzip doch schon geantwortet... mir prinzipiell auch egal wie du meine Argumentation findest... ich persönlich finde sie neben schlüssig auch noch menschlich... zumindest das kannst du nicht von dir behaupten...
Diese Optionen stehen allen Unternehmern doch heute schon zur Verfügung... ganz unabhängig von einem Mindestlohn.... gerade in so Berufen wie "Klos putzen", wo es keine Arbeitnehmervertretung gibt, die den Namen verdient hätte.... als ob auch nur ein Unternehmer in dem Bereich mehr Leute beschäftigt als unbedingt notwendig (Stichwort Effizienz)... oder die Klos öfter geputzt würden als es irgendwelche Hygenevorschriften besagen... oder er nicht versucht seine Anzahl an Angestellten zu verringern durch den Einsatz modernerer Methoden... das alles passiert doch lohnunabhängig und wird unter dem schönen Begriff "Gewinnmaximierung" positiv umschrieben. Kein Unternehmer wird von sich aus sagen "Hach wenn ich euch nur 6 € bezahlen darf, dann dürft ihr ruhig doppelt solange für ein Klo brauchen... stelle ich halt 2 ein"... das zu glauben ist doch mehr als naiv!
Und was deine Option 4 angeht, da schlag ich dich jetzt mit deinen eigenen Waffen: Sobald der erste nämlich merkt, dass er 10€ / h bezahlen kann, und seinen Kunden trotzdem noch das gleiche Angebot (sowohl von der Dienstleistung wie von den Kosten her) machen kann wie vorher und dabei immer noch Gewinn macht wird sein Klo-Putz-Geschäft florieren während seine Konkurrenz, die jeden Euro doppelt an die Kunden weitergeben will dann entweder nachziehen müssen oder verschwinden..... der Markt regelt das schon lieber Yuri

